
Yoann Ignatiew
General Partner, Global Equities Portfolio Manager
Mike Tyson
Wie erwartet hielten die Zentralbanken an ihrer restriktiven Politik fest, um die Inflation zu bekämpfen. Die Zinssätze wurden auf beiden Seiten des Atlantiks deutlich angehoben: von der Fed um 100bp und von der EZB um 200bp. Dank dieser Maßnahmen konnte die Inflation im Laufe des Jahres deutlich gebremst werden. Allerdings betrug die Kerninflation(1) zum Jahresende 4% in den USA und 3,6% in Europa(2) und ist somit noch weit entfernt von den Inflationszielen der Zentralbanken. In den letzten 12 Monaten traten mehrere Ereignisse auf, die sich von den Konsenserwartungen für das Jahr 2023 ziemlich unterschieden. Zunächst zeigten sich die Volkswirtschaften weltweit überraschend robust. Der IWF rechnet mit einem globalen Wirtschaftswachstum von 3%, davon 0,7% in der Eurozone und 2,1% in den USA(3). Unternehmen profitierten von einer starken Preissetzungsmacht(4), während der Konsum, insbesondere in den USA, maßgeblich zum Wirtschaftswachstum beitrug. Eine weitere Überraschung war die beeindruckende Performance sowohl auf den Aktien- als auch auf den Anleihemärkten. Die Indizes erreichten ihre historischen Höchststände, vor allem wegen der deutlichen Outperformance von Technologieunternehmen. Die Aktienkurse der US-amerikanischen “Tech-Megacaps“(5) sind dank solider Kapitalzuflüsse in die Höhe geschnellt, da sich Anleger zunehmend auf Unternehmen mit soliden Erträgen konzentriert haben. Gleichzeitig trugen Kostensenkungen im Jahr 2022 und eine strengere Haushaltsdisziplin zur Verbesserung der Gewinnmargen bei. Der Sektor wurde auch durch das Thema Künstliche Intelligenz angetrieben, und der Markt belohnt Unternehmen, die auf diesen Trend setzen. Der chinesische Markt hat ebenfalls enttäuscht, da das Ende der Nullzinspolitik im Gegensatz zu anderen Ländern nicht zu einer ausgeprägten Erholung der Konsums geführt hat. Das mangelnde Vertrauen der chinesischen Bevölkerung, die vor allem unter einer hohen Jugendarbeitslosigkeit leidet, hat den Binnenkonsum belastet. Gleichzeitig wirkte sich die schwache internationale Nachfrage negativ auf die Exporte aus. Die Immobilienkrise, gekennzeichnet durch eine Reihe von Nachrichten über Bauträger, die kurz vor dem Bankrott standen, bremsten ebenfalls die chinesische Wirtschaftsaktivität aus. Die Regierung hat das Wachstum jedoch mit Konjunkturmaßnahmen und Kreditanreizen unterstützt. In diesem Umfeld konnten sich bestimmte Sektoren gut behaupten, wie beispielsweise Bildung und Tourismus.
Wir reduzierten unsere Risikoexposure im Laufe des Jahres, indem wir unsere Aktienallokation von 83% im Januar auf einen historisch niedrigen Stand von 67%(6) senkten und zyklische Werte abbauten. In diesem Zusammenhang haben wir Anteile von Finanz-, Industrieund Bergbauunternehmen in unserem Portfolio verkauft. Darüber hinaus kam es zu Gewinnmitnahmen bei einigen Tech-Aktien unseres Portfolios, insbesondere gegen Jahresende. Gleichzeitig haben wir die chinesischen Titel in unserem Portfolio aufgestockt, um unser Exposure in dieser Region stabil zu halten. Ferner wurden opportunistische Käufe getätigt, sowohl bei schwächeren Titeln als auch bei defensiveren Titeln wie Goldminen. Neben den Aktienanlagen wurden Geldmarktpapiere bevorzugt. Wir positionierten uns in französischen Staatsanleihen mit Laufzeiten von weniger als einem Jahr. Angesichts der gebotenen Rendite von knapp 3,7%(7) und der damit verbundenen Liquidität halten wir dies derzeit für eine optimale Allokation.
Der Fonds erzielte 2023 eine Rendite von +13%(8). Nicht überraschend war das Exposure gegenüber dem Technologiesektor im Berichtszeitraum der größte Performancetreiber, insbesondere Unternehmen wie Uber, Meta und Mercado Libre (die ersten beiden erzielten im Berichtszeitraum eine Rendite von über 100%(7)). Verschiedene Bergbautitel zeichneten sich neben Industriewerten mit hoher Preismacht aus. In diesem Sektor gab es jedoch Unterschiede, da sich Werte wie ABB oder Airbus sehr gut entwickelten, während Alstom oder Honeywell enttäuschend abschnitten(6).
Wie auch im R-co Valor haben wir unser Aktienexposure im Laufe des Jahres reduziert und lagen Ende Dezember 2023 bei 34%. Der Anleihenanteil des Fonds wurde schrittweise von 49% zu Beginn des Jahres 2023 auf 55% erhöht(6). Wir nutzen Anlagechancen insbesondere bei Anleihen mit Investment Grade(9)-Rating. Entsprechend sank der Anteil unserer High Yield-(10)bzw. nicht „gerateten“ Anleihen zum Jahresende von 18% auf 12,8% der Anleihenallokation(6). Nachdem viele Kredite auslaufen werden, müssen sich Unternehmen refinanzieren, und zwar zu deutlich höheren Zinssätzen. Hierbei wurden Absicherungen für den risikoreicheren Teil des Portfolios vorgenommen. Da sich der geldpolitische Straffungszyklus dem Ende zuneigt, wurde die Duration des Portfolios im Jahresverlauf schrittweise erhöht. Um unser Kreditrisiko zu begrenzen, kauften wir 10- und 20-jährige deutsche Bundesanleihen. Gegen Ende des Jahres verkauften wir unsere Positionen aufgrund des starken Renditerückgangs.
Der Fonds erzielte 2023 eine Rendite von +11,3%(6). Der Anleihenteil leistete im Berichtsjahr einen Performancebeitrag von rund 45%(6). Unser Exposure gegenüber der Anlageklasse erfüllte ihre Rolle als Volatilitätspuffer und zugleich als Performancetreiber in vollem Umfang. Investment Grade Euro Anleihen verzeichneten mit +8,2%(6) das beste Jahr seit zehn Jahren. Der risikoreichste Teil der High-Yield-Anleihen entwickelte sich bis 2023 besonders gut, wobei die Spreads(11) relativ eng waren, was für den Glauben der Anleger an eine “sanfte Landung” spricht.
Mohamed Ali
So prognostiziert der Konsens für 2024 einen Wirtschaftsrückgang ohne Rezession. Zudem wird erwartet, dass die Notenbanken ihre Zinsen bereits ab dem ersten Halbjahr wieder stark senken. Dieses Szenario rechnet mit einem Wachstum der Unternehmensgewinne um rund +7,5% in Europa und um +12,5% in den USA(12). Dieses „Win-Win-Szenario“ erscheint uns etwas zu positiv. Die Kerninflation ist zwar gesunken, liegt aber immer noch bei 4%(13). Die Fed hat noch immer ihre Zielmarke von 2% im Auge, könnte aber an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie zu früh interveniert. In einer Welt mit strukturell höherem Inflationsdruck dürfte sich die Inflation unserer Ansicht nach bei 3% einpendeln, wobei der Anstieg von Löhnen und Gehältern eine wichtige Rolle spielen dürft. In Europa stellt sich die Ausgangslage anders dar, denn die Konjunktur ist im Vergleich zu den USA schwächer, obwohl die Leitzinsen niedriger sind (4% gegenüber 5,25%). Die düstere wirtschaftliche Realität könnte die EZB veranlassen, ihre Leitzinsen noch vor der Fed zu senken. In den letzten zehn Bärenmarktzyklen war dies nur ein einziges Mal der Fall. Auch die EZB und die Bank of England meldeten bei ihren letzten Sitzungen einen Anstieg der Inflation, hielten sich aber mit Aussagen über mögliche Zinssenkungen in naher Zukunft deutlich zurück.
Wir halten die Marktstimmung für zu optimistisch, da die Anleger von einer deutlichen Senkung der Zinsen und einer „sanften Landung“ ausgehen. Unserer Ansicht nach ist beides nur schwer miteinander zu vereinbaren: Nur ein tiefer wirtschaftlicher Abschwung würde die Zentralbanken dazu veranlassen, eine expansive Geldpolitik zu verfolgen. Unter diesen Umständen nehmen wir weiterhin Gewinne mit, indem wir die Marktrallye begleiten.
Wir gehen nicht von einem Katastrophenszenario aus. Die Staatsausgaben, die im abgelaufenen Jahr einen wichtigen Stützfaktor für die Wirtschaft bildeten, werden auch 2024 wieder als Wachstumsmotor fungieren. Ein gutes Beispiel hierfür sind die USA: Im Rahmen der verschiedenen Hilfspakete wurden bisher nur 350 Milliarden Dollar, d.h. 20%(13) der verabschiedeten 1,8 Billionen, abgerufen – sie sind daher mitnichten ausgeschöpft. Es ist schwer prognostizierbar, ob und wann die Auszahlungen dieser Gelder in der Zukunft erfolgen, doch kann man davon ausgehen, dass diese Ausgaben das Wirtschaftswachstum weiter stützen. Bei einem eher marktorientierten Ansatz sind zudem die Kapitalflüsse zu berücksichtigen, die die Aktien stützen könnten. Geldmarktfonds in den USA verzeichneten 2023 Mittelzuflüsse in Rekordhöhe von über 1 Billion Dollar(14). Im gleichen Zeitraum flossen im Jahr 2023 lediglich 125 Milliarden Dollar(14) in die Aktienmärkte, obwohl der Nasdaq 100-Index einen Rekordstand erreicht hat und der S&P 500-Index nicht weit davon entfernt ist.
China, der große Verlierer des Jahres 2023, könnte in den kommenden Monaten ein “Comeback” feiern. Erste Anzeichen einer Erholung sind bereits erkennbar: Die Einzelhandelsumsätze ziehen wieder an, der Caixin- PMI(15)-Index steigt wieder an und der Abschwung im Immobiliensektor hat sich verlangsamt. Die Kommunistische Partei Chinas setzt offenbar mehr denn je auf nachhaltiges Wirtschaftswachstum und intensiviert daher ihre Stützungsmaßnahmen. Darüber hinaus ist Peking wohl bestrebt, die Risiken im Immobiliensektor durch die Deckung des Finanzierungsbedarfs der Immobilienunternehmen zu entschärfen, damit sie ihre bereits begonnenen Projekte abschließen können. Auf geopolitischer Ebene stand der November im Zeichen eines historischen Treffens zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jinping. Dieses Treffen fand auf amerikanischem Boden statt und wurde als Signal für die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen den beiden Ländern gewertet. Konkretisiert wurde dieser Wille durch die Wiederaufnahme von Flugverbindungen zwischen den beiden Ländern und den Abschluss neuer Handelspartnerschaften. Dennoch scheinen alle diese Fakten derzeit weder die ausländischen Investoren, noch die Bevölkerung wirklich zu überzeugen.
Das Jahr 2024 ist ein Wahljahr, in den USA, aber auch in Indien, in Großbritannien und in Mexiko. Konkret wird 2024 fast zwei Drittel der demokratischen Welt an die Urnen gehen. Wahljahre zeichnen sich in der Regel durch zwei Besonderheiten aus: Die Regierungen vermeiden Sparmaßnahmen und die Notenbanken schalten im Vorfeld der Wahlkampagnen in einen neutralen Modus.
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