Verbindung

Passwort vergessen?

Zugangscode

Verbindung

Passwort vergessen?

Verbindung

Geht die EZB das Risiko eines Fehlstarts ein?

Strategie  —  31/05/2024

Emmanuel Petit

General Partner, Head of Fixed Income

Die Europäische Zentralbank wird auf ihrer Sitzung am 6. Juni voraussichtlich eine Zinssenkung beschließen. Dies wäre eine historische Entscheidung, da die EZB zum ersten Mal seit ihrer Gründung ihre Geldpolitik vor der Fed lockern würde. Ist dies der Beginn eines Zinssenkungszyklus?

Was wäre, wenn die EZB sich selbst in eine Falle gestellt hätte? Gefangen in ihrer Positionierung, die sie seit mehreren Wochen eingenommen hatte und die sich nicht wie erwartet entwickelt hatte. Angesichts der aktuellen Konjunkturlage in Europa wäre diese Zinssenkung in der Tat überraschend. Der Arbeitsmarkt bleibt angespannt und die Löhne hoch, während sich die Einkaufsmanagerindizes erholen. All diese Faktoren sprechen gegen die Einleitung eines geldpolitischen Lockerungszyklus. Eine Gegenreaktion könnte sich jedoch als gefährlich erweisen und zu großer Volatilität führen.

In der EZB stehen sich derzeit zwei Strömungen gegenüber. Die erste, eher expansive Strömung geht davon aus, dass eine niedrigere Inflation den Druck auf die Löhne mindern könnte. Die zweite, eher konservative Gruppe ist der Ansicht, dass steigende Löhne die Inflation eher ankurbeln können. Die Entscheidung, die Zinsen ab Juni zu senken, beruht also eher auf den Annahmen der ersten Gruppe. Ihre Argumente basieren allerdings auf Frühindikatoren, die für die Wirtschaftsaktivität damals schwächer waren als heute.

Während die Lockerung vom 6. Juni trotz dieses Hintergrunds bereits beschlossene Sache zu sein scheint, dürften die Entscheidungen der nächsten Monate weitaus unsicherer sein. Es ist wahrscheinlich, dass die EZB ihr Ziel, aufgrund der anhaltenden Lohndrucksituation und unsicherer Güterpreise über das Jahr 2025 hinaus verschieben wird. Die geopolitischen Spannungen belasten nach wie vor den Frachtverkehr und die Rohstoffpreise befinden sich derzeit auf einem besonders hohen Niveau. Die bevorstehenden Wahlen in Europa und den USA könnten auch protektionistische Bestrebungen wieder aufleben lassen und neue Inflationsquellen schaffen.

Eine zeitliche Verschiebung der Erreichung des Inflationsziels könnte die Erwartungen an weitere Zinssenkungen bis zum Jahresende verringern. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auf die erste Zinssenkung bis Ende des Jahres keine weiteren folgen werden, da der Konsens immer noch zwischen einer und zwei weiteren Zinssenkungen schwankt, während noch Anfang 2024 bis zu sieben Zinssenkungen erwartet wurden.

In diesem Umfeld bleiben wir bei unseren Anlagen vorsichtig und meiden lang laufendende Anleihen. Eine zunehmende Steilheit der Zinskurven könnte mit einer erneuten Senkung der Inflationserwartungen einhergehen. Wir bevorzugen daher kurze und mittlere Laufzeiten, um uns vor einem potenziellen Anstieg der langfristigen Zinsen zu schützen.